05.09.2006 Intrinet TV vom 06.09.2006
Kampf ums Klo
Von unserem Redakteur MARIO HÜBNER
Die eine (in der Tourist-Info) existiert bereits, in der eigentlichen (hinter der Tür links) ruhen derzeit die Bauarbeiten (kleines Foto): In Gerolstein wird es aller Voraussicht nach bald zwei öffentliche Toiletten-Anlagen in nicht einmal zehn Metern Entfernung geben. Fotos (2): Mario Hübner
GEROLSTEIN. Erst war lange keine da, jetzt werden es vermutlich zwei – und zwar in unmittelbarer Nachbarschaft: In Gerolstein ist derzeit ein Streit um öffentliche Toiletten entbrannt. In der eigentlich als öffentliches Klo geplanten Anlage ruhen daher vorerst die Arbeiten.
"Nein, als Fehlplanung würde ich das nicht bezeichnen", sagt Hans Peter Böffgen, Geschäftsführer der Tourismus- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (TW) Gerolsteiner Land auf TV-Nachfrage zu der aktuellen Situation öffentlicher Toiletten in Gerolstein.
Vielmehr stelle die Anlage im Tourismus-Büro, die für Böffgen eine "Kunden- und keine öffentliche Toilette ist, obwohl wir niemanden wegschicken", eine "gute Ergänzung" zur eigentlichen und seit geraumer Zeit im Bau befindlichen öffentlichen Anlage direkt nebenan dar. Denn sie werde momentan "kindgerecht nachgerüstet" – mit Aufsatz zum Wickeln von Kleinkindern und Höckerchen für die Kleinsten. Für die vielen Familien, die die Tourist-Information aufsuchten.
Dennoch sagt Böffgen: "Natürlich wären wir froh, wenn auch die andere Anlage weitergebaut würde, denn der Bedarf ist definitiv da, und das derzeitige Angebot ist nicht ausreichend." Das hätten zum einen die Veranstaltungen wie der Tour-Empfang, der Deutsche Wandertag und das Sprudelfest gezeigt. Zum anderen gibt’s im Tourismusbüro kein Behinderten-WC.
Ob die Anlage jedoch fertiggestellt wird, ist momentan unklar. Erst einmal ruhen die Bauarbeiten. Heinz Weber, Hausverwalter und Sprecher der Investorengemeinschaft, sagt wieso: "Nachdem wir uns auf 100 Euro monatlichen Mietpreis geeinigt hatten, wollte die Stadt auf einmal nachverhandeln. Das war kleinkariert hoch drei und hat mich maßlos geärgert." Schließlich seien 100 Euro bei rund 20 Quadratmetern Fläche "ein absolut fairer Preis".
Gerolsteins Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz (CDU) hält es einerseits für richtig, dass "wir stets schauen, wo wir Geld sparen können", andererseits kann er Webers Verärgerung verstehen. "Ich hatte vom Ausschuss den Auftrag nachzuverhandeln, also hab ich es getan", sagt Schwartz , fügt aber unmissverständlich hinzu: "Fakt ist, dass der Fremdenverkehrsort Gerolstein eine öffentliche Toilette – und zwar genau an dieser Stelle – braucht, und wir dafür eben auch Geld ausgeben müssen."
Der Stadtbürgermeister ist nach eigenem Bekunden daher zuversichtlich, "dass wir schon bald zu einer Lösung kommen werden". Seines Wissens will sich die Investorengemeinschaft noch diese Woche dem Thema widmen, danach würden die Verhandlungen erneut aufgenommen.
Jetzt kommt es auf einige Monate auch nicht mehr an
Eile sei ohnehin nicht geboten, meint der Stadtbürgermeister, da das Thema seit 20 Jahren in Gerolstein behandelt werde. Da komme es auf einige Monate Verzögerung auch nicht mehr an. Geduld anstelle von Hektik sei gefragt, meint Schwartz und zieht ein Beispiel heran: "Wenn ich auf dem Klo bin, will ich auch meine Ruhe haben."
In der zeitlichen Verzögerung sieht auch TW-Geschäftsführer Böffgen das eigentliche Problem des Toiletten-Streits. Er sagt: "Wenn alles parallel fertig geworden wäre, hätten wir natürlich nicht beide Anlagen gebraucht."
Da aber im Lauf der Umbauarbeiten des ehemaligen Hutter-Gebäudes "relativ früh klar geworden" sei, dass die Herstellung der öffentliche Toilette nicht zeitgleich mit der der TW-Räume klappe, sei umgeplant worden. Böffgen: "Denn es war stets klar, dass wir nicht ohne Kundentoilette starten können." Die zusätzlichen Klos haben laut Hausverwalter Weber 5000 Euro mehr gekostet. Die Miete der TW sei dennoch nicht erhöht worden. Weber sagt: "Wir wollten, dass die neuen Mieter zufrieden sind und haben das daher aus der eigenen Tasche bezahlt." Schließlich seien 5000 Euro bei einem Gesamtvolumen von rund 400 000 Euro für die Sanierung der unteren beiden Geschosse eine zu vernachlässigenden Größe.
Wie die Umplanung vonstatten ging und wer sie letztlich veranlasst hat, daran erinnert sich der TW-Geschäftsführer nicht mehr genau. Er berichtet lediglich: "Die am Umzug Beteiligten waren permanent im Gespräch. Ich denke, wir haben uns gemeinsam darauf verständigt."
Ursprünglich war geplant, in der Tourist-Information überhaupt keine Kundentoilette zu installieren. Vielmehr sollten die Gäste die öffentliche Toilette benutzen. Dazu sollte mit einer Glastür ein direkter Zugang vom Tourismus-Büro geschaffen werden. Diese Planung ist dann aber wieder verworfen worden.
Das wiederum regt Hans-Joachim Stief (WG Möller) auf, der den Vorgang als "dicken Hund" und "Geldverschwendung" bezeichnet. Er fragt: "Wie kann so etwas veranlasst und genehmigt werden, wenn bereits klar ist, dass nebenan eine öffentliche Toilette gebaut wird?"
05.09.2006 Intrinet
Kommentar
Mario Hübner zum: Klo-streit
In aller Munde
Zwei öffentliche Toiletten-Anlagen, und um nichts anderes handelt es sich letztlich, die Tür an Tür neu gebaut werden: Das ist ein Paradebeispiel für einen Schildbürgerstreich. Zwar sollen dadurch auf Anhieb keine Steuergelder verschwendet worden sein, da der Investor die Zusatzkosten auf seine Kappe nimmt. Aber das ist nur ein glücklicher Zufall und hat womöglich auch nur kurze Zeit Bestand. Denn es wäre nachvollziehbar, wenn er sich bei seinem nächsten Geschäft das verlorene Geld wieder reinholt. Und das könnte ja durchaus ein solches mit der Kommune sein.
Was aber vor allem bedenklich stimmt, ist: Weitsicht und kostenbewusstes Handeln ist bei keinem der Verantwortlichen dieser Angelegenheit zu erkennen. Eine Sache, über die in den Nachbargemeinden noch lange geschmunzelt werden wird. Zumindest das ist erreicht: Gerolstein wird erneut in aller Munde sein. m.huebner@volksfreund.de
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